Heeresversuchsstelle Kummersdorf-Gut soll UNESCO-Welterbe werden

Die Heeresversuchsstelle Kummersdorf-Gut hat die Chance und das Potential zum UNESCO-Welterbe.
Das Kulturministerium des Landes Brandenburg arbeitet derzeit an der Fortschreibung der deutschen Vorschlagsliste (Tentativliste) für das UNESCO-Welterbe. Jedes Bundesland muss bis Herbst 2021 der Kultur-Ministerkonferenz zwei Vorschläge für die UNESCO-Liste vorlegen. Diese werden dann von einem internationalen Fachbeirat evaluiert.
Im ersten Schritt will Brandenburg drei Vorschläge zusammentragen. Dabei sein wird auch die ehemalige Heeresversuchsstelle Kummersdorf. Der Landkreis arbeitet derzeit an einer fundierten Begründung.
 
Bei der Heeresversuchsstelle Kummersdorf handelt es sich um weit mehr als einen ehemaligen Truppenübungsplatz. Die einstige Heeresversuchsstelle war ein Technologiezentrum und wahrscheinlich die vielfältigste Militärtechnikerprobungsstelle der Welt. Das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und archäologische Landesmuseum hat deshalb einen Großteil des Areals als größtes deutsches Flächendenkmal erfasst und in die Denkmalliste eingetragen.
 
Auf rund 3.200 Hektar gibt es etwa 160 historische Bauten aus den verschiedenen Nutzungsperioden der Liegenschaft. Auf dem Gelände hatte sich das junge Kaiserreich nach dem deutsch-französischen Krieg (1870-1871) aus Reparationszahlungen einen modernen Artillerieschießplatz geleistet, der in der Weimarer Republik weiterbetrieben, dann aber von den Nazis umfassend ausgebaut wurde. Mehr als alle anderen militärischen Liegenschaften in Deutschland steht Kummersdorf für die Ausrichtung aller Lebensbereiche auf den Krieg. Hier wurde all das getestet, erforscht und weiterentwickelt, was Deutschland für seine militärischen Auseinandersetzungen brauchte – vom Geschirr für Feldküchen über Stiefel für Kanoniere, von Granaten, Panzern und Artilleriegeschossen bis hin zu Raketenantrieben. Auch kriegstaugliche Hunde ließ das Militär hier züchten und ausbilden. Ab Kriegsende 1945 in sowjetischer Hand, ließ sich die Sowjetarmee 1958 von der DDR den Flugplatz Sperenberg für das Wünsdorfer Oberkommando ihrer in Deutschland stationierten Truppen bauen. Von hier verließ deren letzter Oberbefehlshaber, Matwej Burlakow, 1994 als letzter russischer Soldat deutschen Boden.
Es kann ein Mahnmal gegen den Krieg werden, denn die ehemalige Heeresversuchsstelle lehrt was passiert, wenn Wissenschaftler wie etwa der Raketenkonstrukteur Wernher von Braun oder der Nuklearforscher Kurt Diebner sich, wie hier geschehen, bedenkenlos in den Dienst einer verbrecherischen Macht stellen.
 
Die ehemalige Heeresversuchsstelle Kummersdorf gehört als Ort der kritischen Auseinandersetzung mit der Vorbereitung und den Folgen der von Deutschland ausgelösten Weltkriege in den Fokus der Öffentlichkeit. Auch mit diesem Teil unserer Geschichte gilt es sich kritisch auseinanderzusetzen.
 
Die mehr als 100 Jahre andauernde militärische Nutzung des Waldgeländes bewirkte, dass sich nach der Auflassung des Geländes hier auch eine sehr wertvolle Naturausstattung erhalten und entwickeln konnte. Über 1.000 ha stehen heute gemäß FFH-Richtlinie unter europäischen Schutz.

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